HSG gewinnt (vorentscheidendes) Kellerduell in letzter Sekunde

Wenn der Vorletzte den Drittletzten der Oberliga empfängt, sollte sicherlich keiner der Zuschauer allerfeinste Handballkost erwarten. Dennoch war die heimische Ernst-Grube-Halle wieder sehr gut gefüllt und die Fans beider Lager gewillt, ihren Teams den Rücken im Kampf um den Klassenerhalt zu stärken. Beiden Seiten war klar, wer am Samstagabend die Halle ohne Punkte verlässt, rutscht vom „rettenden Trinkhalm“, dann schon fast hoffnungslos, ab und sitzt auf dem zweiten von drei oder sogar vier Abstiegsplätzen in der gefährdeten Zone nahezu unaufholbar fest.

Das Spiel startete also für beide Mannschaften mit dem enormen Druck unbedingt gewinnen zu müssen. Zwar konnten die Dachse mit 2:0 vorlegen, jedoch drehten die Männer vom HC Einheit Plauen das Spiel bis zur 13. Minute auf 5:2. Nach diesen 10 torlosen Minuten war die Unsicherheit im Spiel der Freiberger unheimlich angestiegen. Mit viel Kampf gelang es aber zunächst in Schlagdistanz zu bleiben (5:6), jedoch zogen die Vogtländer dann doch bis zum Pausenpfiff auf ein deutliches 16:11 davon. Damit war auch beim Trainer Anel Mahmutefendic dann der Spaß endgültig vorbei. Lautstark schwor er in der Halbzeitansprache mit sehr klaren und scharfen Worten seine Jungs auf die zweite Spielhälfte ein. Die Zuversicht, der Wille und die Bereitschaft um das Spiel noch zu drehen waren definitiv da, was jetzt noch gebraucht wurde, war ein bisschen Glück.

Die zweite Spielhälfte startete sofort mit Unterzahl und einem weiteren Gegentreffer für die Hausherren (11:17). Schön war das Spiel der Kellerkinder nun sicherlich nicht mehr anzusehen. Die Plauener bemühten sich um möglichst langen Ballbesitz bis zur Torchance und die Freiberger versuchten möglichst ohne Fehler bis zum sicheren Torwurf zu spielen. Das gelang zwar nur bedingt, aber nun auch Dank häufigerer Überzahlsituationen spielten sich die Freiberger Stück für Stück wieder heran. Nach ca. 50 Spielminuten betrug der Rückstand nur noch zwei Treffer (19:21) und alles schien endlich wieder möglich. Was dem Spiel an Ästhetik fehlte, gewann es jetzt zumindest an Dramatik. Statt aber die Chance zum Ausgleichstreffer zu bekommen, gelang es den Gästen die Freiberger Aufholjagd abzuwehren (20:24/21:25). Auch nach Peter Deli`s Anschlusstreffer in der 57. Minute, zum 22:25, schienen die zerbröckelnden Sieghoffnungen bereits in viel zu weite Ferne gerückt zu sein.

Aber die vielleicht Letzten in der Halle, die noch lange keine Niederlage akzeptierten und immer, immer weiter rannten und kämpften, waren die Freiberger Jungs auf dem Spielfeld. Adrian Kammlodt verkürzt mit seinem dritten Feldtor auf 23:25 und noch sind es 160 Sekunden für einen Sieg! Anschließend erneut die Freiberger mit dem Ballgewinn und Nico Werner netzt zum 24:25 und nur Sekunden später zum ersten Freiberger Ausgleichstreffer des Spieles ein. 25:25! – und die Halle steht Kopf.

Die Gäste aus Plauen also mit Ballbesitz und ungefähr noch 30 Sekunden Restspielzeit. Ohne vorschnell abschließen zu wollen, suchen die Kontrahenten erst einmal den Kontakt mit der Freiberger Abwehr, wollen die Zeit bis zum finalen Wurf sicherlich mit Freiwürfen runterspielen und erstreiten sogar Zeitstrafen gegen die HSG. Erst muss Felix Lehmann 27 Sekunden vor Ultimo die Platte verlassen, nur 4 Sekunden später folgt ihm Nico Werner als Opfer einer besonders schlechten Schauspieleinlage. Aber egal, im Spiel vier gegen sechs nehmen sich die Plauener den Wurf von der frei gespielten Außenposition und Tino Hensel hält!!! Tino Hensel hält einfach diesen so entscheidenden Ball und die Dachse können in einer Handvoll Sekunden nochmals aufs Plauener Tor laufen. Hensel kommt sofort zur Wechselbank gesprintet, Martin Steinfeld ergänzt den stark dezimierten Angriff als „Leibchenspieler“ und noch bevor die Situation aus Sicht der Gäste, bei denen sich nach dem Spielverlauf offenbar etwas Schockstarre einstellte, ordnete, steigt Adrian Kammlodt in die Luft und hämmert 3 Sekunden vor Spielende den Ball ins Plauener Gehäuse – 26:25!!! Anwurf Plauen und die Schlusssirene ertönt deutlich, bevor der Ball die Torlinie des leeren Freiberger Tores überquert.

Siiiiieeeeeg in fast letzter Sekunde!!!!!

Gefühle, die man kaum beschreiben kann – erschütten sich auf beiden Seiten. Ausgelassenes Jubelszenario bei den Freibergern, zu tiefste Enttäuschung, dieses sicher geglaubte Spiel doch noch aus der Hand gegeben zu haben, bei den Gästen.

Die HSG Freiberg tauscht damit die Tabellenplätze mit dem HC Einheit Plauen und ist aber immer noch 5 Zähler vom ersten Nichtabstiegsrang entfernt. Das ist viel, aber noch sind es 9 Partien und die HSG Freiberg ist noch lange nicht abgestiegen. Die Jungs haben gezeigt was mit Kampf und Siegeswillen möglich ist, alle kämpfen bis zum letzten Pfiff und nun gilt es endlich auch den Auswärtsfluch zu besiegen. – Pirna! Wir kommen!

Statistik:
HSG: Damian Kowalczyk (1.-28. Min.), Tino Hensel (31.-60. Min.); Florian Wunderwald, Efthymios Iliopoulos (2), Felix Lehmann (2), Martin Steinfeld, Eric Neumann (1), Björn Richter (7/6), Peter Deli (2), Adrian Kammlodt (5/1), Kevin Elsässer (2/1), Jens Tieken (2), Nico Werner (3)
Zeitstrafen: HSG 8 Min.; HCE 14 Min.
Siebenmeter: HSG 9/8; HCE 4/4
Schiedsrichter: Ronny Schlorke / Andreas Schwarz (HV Sachsen)
Zuschauer: 600